Es gilt das gesprochene Wort
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Dr. Knecht,
sehr geehrte Frau Erste Bürgermeisterin Schmetz,
sehr geehrte Frau Bürgermeisterin Schwarz,
sehr geehrter Herr Bürgermeister Mannl,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
verehrte Zuhörerinnen und Zuhörer,
ich möchte meine diesjährige Haushaltsrede mit einem Spruch beginnen, der gerade in Großbritannien leider sehr populär ist:
„Eating or heating“
Ich denke nicht, dass hier jemand eine Übersetzung benötigt, aber diese Überlegung treibt auch viele Menschen in Deutschland und auch hier in Ludwigsburg um.
Die Tafeln in Deutschland vermelden ein Wachstum von 50%, das heißt 1,5 Mal so viele Bürgerinnen und Bürger müssen schauen, dass sie ihre Lebensmittel so günstig wie möglich bekommen.
Ich habe eine gute Freundin, die in einer Bank arbeitet, in der Abteilung, in der die Menschen Probleme mit ihrer Finanzierung haben. In Coronazeiten war nach ihrer Aussage gar nicht so viel zu tun, nun aber sind die Zahlen von Kundinnen und Kunden, die ihre Kredite nicht mehr bedienen können, sei es aufgrund von gestiegenen Zinsen oder anderen Gründen, besorgniserregend.
Die Inflation in unserem Land beträgt über 10%, das können viele zusammen mit den gestiegenen Energiekosten nicht mehr schultern.
Deshalb ist klar, dass auch bei unseren lokalen Haushaltsreden für Ludwigsburg der Krieg in der Ukraine ein große Rolle spielt. Unser Kämmerer Harald Kistler hat dies vor zwei Wochen bei der Einbringung des Haushalts ja auch eindringlich dargestellt.
Habe ich in meiner letzten Haushaltsrede wie auch Kollege Heer vor zwei Jahren noch die Corona-Krise in den Mittelpunkt gestellt, müssen wir uns heuer, obwohl Corona noch lange nicht vorbei sein wird, mit einem russischen Aggressor befassen.
Und obwohl die Auswirkungen auf Ludwigsburg und seine Bürgerinnen und Bürger überhaupt nicht, und zwar nicht ein bisschen, mit dem Leid, der Folter, dem Tod und der Trauer der Menschen in der Ukraine zu vergleichen ist, sind diese Auswirkungen nun mal da:
- die Unterbringung der geflüchteten Menschen
- die gestiegenen Kosten bei Lebenshaltung und Energie
- die Angst vor einer Ausweitung des Krieges
- die wirtschaftlichen Folgen, die laut Experten erst 2023 zu spüren sein werden.
Und keiner weiß, wie lange dieser Wahnsinn noch weitergeht.
Deshalb ist es der FDP-Fraktion im Ludwigsburger Gemeinderat extrem wichtig, dass es unseren Bürgerinnen und Bürgern gut geht hier, egal welchen Alters, welchen Geschlechts, welcher Religion, welcher sexuellen Orientierung, welcher Herkunft sie sind oder ob es ein Handicap gibt.
Und diese Zufriedenheit erreichen wir natürlich auch mit einem guten Klima, guter Luft und nicht zu heißen Städten, aber auch mit einer funktionierenden Wirtschaft auch in neuen Gewerbegebieten, mit einer lebendigen Innenstadt, die für alle vorher genannten gut und sicher erreichbar ist und in der sich alle wohlfühlen, mit einem Vereinsleben in Kultur und Sport, in dem sich viele wiederfinden und treffen können, mit genügend KiTa- Plätzen, mit gut und digital ausgestatteten Schulen und mit einem Gemeinderat, der ALLE diese Aspekte berücksichtigt und bewertet.
Und dass uns als FDP-Fraktion der Klimaschutz wichtig ist, haben wir in vielen Anträgen bewiesen, die aber abgelehnt oder noch nicht erledigt wurden.
Ich möchte ein paar Beispiele nennen:
- 1000 Bäume in 10 Jahren, es gab keinen Zwischenbericht, und nun haben wir ja kürzlich im MU erfahren, dass Baumpflanzungen doch möglich sind und Plätze dafür da sind.
- E-Bike-Ladestationen in der Innenstadt - abgelehnt
- Pendler-Parkhaus in der Weststadt nähe A81 zur Entlastung der Innenstadt - abgelehnt
- Antrag zur Entsiegelung und Aufforstung städtischer Flächen, wurde noch nicht bearbeitet
- Antrag auf Begrünung der MHP-Arena - zurückgestellt, erstmal soll dort auf zwei Seiten PV-Anlagen installiert werden
Und auch unsere Idee, dass im Fuchshof-Quartier analog zum Quartier in Esslingen grüner Wasserstoff mittels Elektrolyse hergestellt und damit auch Wärmeenergie erzeugt wird, scheint nicht möglich zu sein.
Alles in allem ist das sehr unbefriedigend, zumal viele dieser Ideen unseren Bürgerinnen und Bürgern direkt zugute kommen würden.
Wir schaffen es nicht, dreistellige Millionenbeträge für die Sanierung unserer städtischen Gebäude zu investieren, dies sieht man ja auch ganz deutlich daran, dass die Verwaltung nur 1 Million im Jahr einstellen kann.
Ohne die Hilfe von Bund und/oder Land werden wir das nicht stemmen können, so ehrlich muss man sein und dies auch unseren Bürgerinnen und Bürgern vermitteln. Allein auf uns gestellt wird die Klimaneutralität 2035 eine Utopie bleiben. Eine Million ist auch für die Installation von PV-Anlagen eingestellt, ich hoffe, hier sind schon Angebote für die ersten Gebäude angefragt oder eingeholt.
Nach der Verabschiedung dieses Haushalts muss damit gestartet werden, wir wollen hier deutlich mehr Tempo, diese Million muss auch schon 2023 verbaut werden.
Wenn man den Haushaltsplanentwurf anschaut, dann wird einem ganz schön schwindlig, zumindest unserer Fraktion.
Investitionen 2023-2026 von 247 Millionen Euro, eine geplante Kreditaufnahme 2023 von 9,7 Millionen Euro und eine geplante Kreditaufnahme 2024-2026 von 69,3 Millionen Euro.
Man hofft ja immer, und so war es die letzten Jahre ja auch, dass man diese Kredite nicht benötigt, in den nächsten Jahren haben wir da aber so unsere Zweifel.
Schließlich werden wir mit dem BZW beginnen und müssen es dann auch zu Ende bringen. Letzte Woche im BA haben wir in der Kostenrechnung erfahren, dass es schon an die 200 Millionen Euro geht. Wir können uns das BZW eigentlich nicht leisten, müssen es aber machen.
Oder wie es Manfred Rommel gesagt hat:
„Kreditfinanzierung ist ein Mittel, um vorübergehend der Regel zu entkommen: Du kannst nicht mehr ausgeben als Du einnimmst.“ Unser Gestaltungsspielraum und der der Verwaltung ist nicht besonders groß im nächsten Jahrzehnt.
Deshalb stellt die FDP in ihren vier Anträgen nur einen, der etwas Geld kostet, aber auch welche, die uns viel Geld sparen würden.
Der erste Antrag zielt drauf ab, den Arsenalplatz nach Fertigstellung der KSK-Tiefgarage zu sperren, vorerst aber nicht umzugestalten. Wir wurden ja immer auf die Rückzahlung an die KSK hingewiesen, diese dürfte ja nicht fällig werden, wenn wir keine Parkplätze anbieten.
Der Platz kann weiterhin für das Naturvision-Festival, für die verkaufsoffenen Sonntage und z.B. als Ausweichplatz für den Wochenmarkt bespielt werden. Pop-Up wäre hier auch möglich, da kann sich die Verwaltung dann so richtig austoben.
Auch die Leitung des Busverkehrs während des Umbaus des ZOB ist nicht geklärt, hier könnte ein freier Arsenalplatz noch wichtig werden.
Falls die Gelder im Haushalt wieder sprudeln, liegen die Pläne in der Schublade und könnten verwirklicht werden.
Übrigens, nochmal, hier wurden am Anfang 900.000 Euro angesetzt, jetzt stehen wir je nach Lösung bei 3,8 bis 5 Millionen Euro, wohlgemerkt ohne Baupreissteigerungen.
Unser zweiter Antrag bezieht sich auf die Sporthallen in der Oststadt, in Oßweil und in Poppenweiler.
Da es für alle 3 Hallen Raumprogramme gibt, sollen diese an 2-3 Hersteller von Modulbauten für Sporthallen geschickt und Angebote für alle 3 Hallen eingeholt werden.
Ich habe diesen Vorschlag für Modulbauten vor Jahren schon einmal vorgebracht, er wurde vielleicht auch im linken Ohr gehört, rutschte wohl aber auch relativ schnell durch das rechte wieder hinaus.
Der dritte Antrag zielt auf die Errichtung einer Kneipp-Anlage in der südlichen Weststadt ab, hier kommen die Erläuterungen während der Beratungen der Anträge nächste Woche.
Genauso wie beim Antrag Nr. 4, der sich um Baumpatenschaften in Ludwigsburg bemüht.
Im Zuge dieser Sparbemühungen haben uns auch zwei Aussagen unseres Oberbürgermeisters bei der Einführung des Haushalts gefallen, zum Einen die Überprüfung der Standards, was unsere und eine weitere Fraktion schon seit Jahren fordern.
Es gibt einen Mittelweg zwischen totalem Pfusch und dem Topstandard, der bei uns immer angesetzt wird, dazu gehört auch, dass C2C ("Cradle-to-Cradle") nicht bei allem eingesetzt wird.
Hierzu gehört für die FDP-Fraktion auch der Einsatz eines externen Controllers, der frühzeitig bei allen größeren Bauprojekten hinzugezogen wird.
Ein Controller war letzte Woche im BA bezüglich des BZW, leider hat er uns aber keine Einsparvorschläge machen können. Diese sind wohl nur in frühen Leistungsphasen möglich, deshalb muss ein Controller von Anfang an dabei sein.
Wir sind sehr gespannt auf die Ergebnisse des nächsten Jahres, das ja auch das Jahr des Risikomanagements genannt wird, ich nenne es auch gerne Reanimationsjahr.
Mal sehen, was wir von unseren Projekten am Leben halten können und was wir leider beerdigen müssen. Möglich, dass die Haushaltsreden für 2024 sehr drastisch ausfallen könnten.
Auch die Aussage von Hr. Dr. Knecht, dass es einen kritischen Umgang mit dem Personalaufbau geben wird, ist gut. Ich betone das Wort „Aufbau“, es geht nicht um die Reduzierung bestehender Stellen, sondern um die Mehrung. Knapp ein Drittel unserer städtischen Ausgaben sind Personalausgaben.
Ein wichtiger Punkt im Haushalt ist auch die Vereinsförderung sowie die Förderung der Feuerwehr und der Hilfsorganisationen. Ehrenamtliches Engagement zeichnet eine lebendige Gesellschaft aus, deshalb sieht die FDP-Fraktion die Förderung dieser Strukturen als eine wichtige Aufgabe der Stadtpolitik an.
Wir stehen hier weiterhin als verlässlicher Partner an der Seite der Vereine und Organisationen.
Wichtig ist uns zu betonen, dass bei allen Sparbemühungen die FDP-Fraktion zu vielen bereits beschlossenen Projekten steht, diese müssen umgesetzt werden.
Dazu gehört natürlich das vorher angesprochene BZW, allein schon wegen der Schadstoffbelastung, wir können hier nur sagen, baut es günstiger.
Der ZOB muss irgendwann barrierefrei werden, aber auch an dieser Stelle müssen wir von den immens hohen Kosten runter. Der Ausbau der KiTa-Plätze muss vorangehen
Der Fuchshof mit seinem Mix aus Wohnen, Grün und Sport ist für uns ein Vorzeigeprojekt über die Stadtgrenzen Ludwigsburgs hinaus.
Das Wohnen kann vielleicht doch noch mit einem sehr innovativen Energiekonzept, ob es nun der grüne Wasserstoff oder etwas anderes ist, umgesetzt werden, das ist für uns viel sinnvoller als das keine Autos durch das Wohngebiet fahren.
Der Sportpark Ost kann das Naherholungsziel nicht nur des Ostens von Ludwigsburg werden, sondern für die ganze Stadt. Klar ist hier eine Menge Geld eingestellt, der Mehrwert auch oder sogar besonders für den vereinslosen und informellen Sport ist aber immens.
Ganz wichtig, ich betone es noch einmal, ist uns die Stärkung der Innenstadt und ihrer Akteure, vielen Dank an dieser Stelle auch an LUIS, die hier einen tollen Job machen.
Wir müssen uns vor Augen führen, in was für einer tollen Stadt wir eigentlich leben, einen Marktplatz wie unseren mit den zwei Kirchen, den Arkaden, dem Brunnen und der Bespielung der Gastronomie findet man in Deutschland sicher nicht so häufig.
Und wenn man an einem Samstag morgen sieht, wie voll die Stadt ist, wie am Wochenmarkt eingekauft wird und wie belegt die Cafés und Restaurants sind, können wir nicht alles falsch gemacht haben und müssen in bestimmten Bereichen auch nicht in einen übertriebenen Aktionismus verfallen.
Zum Schluß möchte ich Danke sagen allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadtverwaltung für die gute Kooperation in diesem Jahr, besonders Herrn Kistler und seinem Team für die Aufstellung des Haushaltsplanes und für die Ansprechbarkeit im Vorfeld dieser Sitzung.
Danke Herrn Oberbürgermeister Dr. Knecht und seinem Dezernententeam, wir versprechen als Fraktion, weiter streitbar zu sein, aber in einer guten Atmosphäre.
Zuletzt bedanke ich mich gemeinsam mit meiner Kollegin und meinen Kollegen bei allen Bürgerinnen und Bürgern, bei den Unternehmen für die Arbeitsplätze und den finanziellen Beitrag zu unserem Gemeinwesen und bei allen Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderats für die überwiegend gute Zusammenarbeit.
Wie immer kommt bei mir am Schluß ein Zitat, dieses Mal stammt es von Richard von Weizsäcker:
„Alles ist verloren, wenn wir uns entschließen, auf nichts zu verzichten.“
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!