Ich darf zuerst einmal ganz herzlich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadtverwaltung danken, die unter erschwerten Bedingungen in der Krise Großes geleistet haben. Und die nicht nur die schwierige Situation gemeistert haben, sondern auch gleichzeitig die Abstriche vornehmen mussten, die wir heute hier beraten. Und die uns allen nicht leichtfallen.
Und insbesondere das Lob an die Kämmerei unter Herrn Kistler, bei denen die Krise mit Euro und Cent ankommt, und die genau wissen, dass für eine Verwaltung kein Geld genauso viel Arbeit ist wie viel Geld.
Wie ist die Situation? Die Stadt rechnet mit einem insgesamten Einnahmeausfall von 50 Millionen, inkl. des nicht-Corona-bedingten Ausfalls von 16 Millionen bei der Gewerbesteuer. Und er wäre noch höher, wenn das Land nicht den Finanzausgleich auf alter Höhe eingefroren hätte. Also, realistisch betrachtet, sind es eher 60 Millionen. Das sind mehr als 1/6 des Gesamthaushalts. Dies kann keine Organisation einfach so wegstecken. Eine Haushaltssperre, die wir erlassen haben, war notwendig, der Nachtrag, der diesen Mangel gestaltet, ist es ebenso.
Von diesen 60 Millionen werden 30 Millionen durch Bund und Land aufgefangen, 15 Millionen im laufenden Betrieb eingespart, 10 Millionen Investitionen geschoben, und 5 Millionen Mehrkredite benötigt. 5 Millionen im Vergleich zu 30 Millionen Minus ist ein exzellentes Ergebnis, was die Verwaltung und auch der Gemeinderat erarbeitet hat. Und sollte der Rettungsschirm doch noch 5 Millionen mehr ergeben, wären wir ohne Mehrkredite durch dieses Lockdownjahr gekommen. Diese Leistung kann man, ja muss man besonders hervorheben.
Insbesondere, da sie durch die Beteiligung aller zustande gekommen ist. Stadtspitze und Gemeinderat sind nicht der Versuchung erlegen, in die eine oder die andere Richtung Einsparungen mit Verweis auf eine geringe Summe oder andere Notwendigkeiten infrage zu stellen. So tragen alle Fraktionen diesen Nachtragshaushalt mit.
Allerdings stehen wir fiskalisch vor einem Dreisprung: Nachtrag 2020, Haushalte 2021 und 2022. Erst dann erwarten Ökonomen, dass wir wieder in der alten Spur sind. Aber nur, wenn keine weiteren Einschränkungen umfangreicherer Art stattfinden.
Aber für 2021 und 2022 werden keine Rettungsschirme Steuerausfälle ausgleichen. Und es werden – hoffentlich – auch keine Corona-bedingten Minderausgaben wie in diesem Jahr Einsparungen nahelegen. Man darf nicht vergessen: der große Gewerbesteuerzahler wird uns auch in Zukunft fehlen. Wie viele Arbeitsverhältnisse gehen nach der Kurzarbeit verloren? Wie wird eine weiter bestehende Maskenpflicht das Einkaufsverhalten beeinflussen? Und den Kulturgenuß? Alles Faktoren, die unsere Einnahmen bestimmen.
Wir müssen also gewappnet sein, und unseren Haushalt an verschiedenen Stellen deutlich zurückschrauben. Und zwar
- bei den Standards der Erledigung öffentlicher Aufgaben. Insbesondere ist hier der Baubereich zu nennen, aber auch bei den Pflichtaufgaben werden wir uns an jeder Stelle überlegen müssen, wie wir Serviceleistungen in Zukunft ausgestalten.
- eine Netto-Null im Personalbereich. Wiederbesetzung ja, Neustellen nein. Das muss im nächsten und vermutlich auch im übernächsten Jahr unsere Devise sein. Die Tarifsteigerungen werden uns weitere Kosten sowieso bescheren.
- Standards im Investitionsbereich. Wir werden in den nächsten Jahren ebenfalls keine Deckungsbeiträge aus dem laufenden Betrieb in den Investitionsbereich schieben können, d.h. alle unsere Investitionen werden kreditfinanziert sein. Und da muss absolut klar sein, dass die erste Frage ist: Was ist die Minimalvariante, mit der wir gerade noch das ausgegebene Ziel erreichen?
- politische Ziele durchzusetzen „koste es was es wolle“ wird in der Zukunft nicht mehr möglich sein. Dafür wird uns schlicht das Geld fehlen, insbesondere im Hoch- und Tiefbau, bei der Ausstattung und bei der Beschaffung. Wir müssen nicht mehr in allen Bereichen der Verwaltung versuchen, Benchmark zu sein, auch wenn das vermutlich von der alten Stadtspitze eingetrichtert wurde. Wir müssen Schwerpunkte setzen, wo wir als Stadt Ludwigsburg herausragen wollen. Und dies müssen Marketing und auch ein irgendwie zum aus meiner Sicht unbefriedigenden Stillstand gekommener Markenprozeß aufnehmen. „Laptop und Lederhose“ haben die Bayern ihre Vorstellung der Verbindung von Moderne und Tradition genannt. Vielleicht kann es bei uns ja „Barock und Blockchain“ sein.
Mein Kollege Johann Heer hat seine Haushaltsrede im Dezember 2019 mit den Worten eingeleitet: „The first cut is the deepest“. Aber das war leider erst der zaghafte Beginn; im Vergleich zu dem, was wir mit diesem Nachtragshaushalt und den bevorstehenden Haushalten 2021 und 2022 machen müssen, war das eher ein leichter Kratzer. Als Titel für heute und das, was uns bevorsteht, würde mir eher „Highway to Hell“ von ACDC einfallen.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.