Die FDP Ludwigsburg diskutierte öffentlich mit Expertinnen wie die Wohnungsnot in Ludwigsburg durch neues Denken und Handeln behoben werden könnte
Ludwigsburg, 20. Mai 2019 – Mehr als 20.000 Bauvorschriften und knappes Bauland haben in den letzten Jahren zu dramatisch steigenden Baupreisen und Mieten in Ludwigsburg geführt. „Die Politik hat die Dynamik der Bevölkerungsentwicklung völlig verschlafen“, so Stefanie Knecht, Vorsitzende des FDP Kreisverbandes in ihrer Begrüßung. „Es ist höchste Zeit, das Bauen neu zu denken.“
Ludwigsburg nimmt bei der Wohnraumentwicklung im Verhältnis zur Bevölkerungsentwicklung unter den Städten des Landes ab 50.000 Einwohner hinter Pforzheim den vorletzten Platz ein (Quelle: GMA-Studie 12/2018*). „Fast alle Städte hierzulande machen es besser – Böblingen und Heilbronn haben ein ähnlich großes Bevölkerungswachstum, bauen aber doppelt so viele Wohnungen wie Ludwigsburg“ sagte der Moderator Rainer Nuyken und fuhr fort: „Durch das 1950 beschlossene Wohnbauförderungsgesetz wurden 6 Millionen neue Wohnungen innerhalb von 10 Jahren gebaut! Warum geht das heute nicht mehr?“
Verschärft werde die Lage in Ludwigsburg durch die hohe Zahl von Studenten, sowie durch den Zuzug von Fach- und Führungskräften. Viele dieser Personen seien Wochenendheimfahrer mit Zweitwohnsitz in der Stadt. „Warum lassen sich für diese Zielgruppe nicht pragmatische Bauformen und Genehmigungsverfahren entwickeln, wie sie die städtische Wohnbaugesellschaft für die Anschlussunterbringung von Asylsuchenden umsetzt?“ fragte Nuyken in die Runde.
Helga Schneller, Vorsitzende von Haus & Grund Ludwigsburg, sieht die Hauptursache in der ständig steigenden Regulierung des Wohnungsmarktes für Vermieter. „Im Fokus stehen immer die Wohnungskonzerne. Aber: zwei Drittel aller Mietwohnungen gehören Privatvermietern“. Diese würden deshalb zunehmend nicht mehr vermieten oder in neue Immobilien investieren. Als Negativbeispiel nannte sie die Folgen der Zwangsbewirtschaftung des Wohnungsmarktes nach 1945 durch die Alliierten. Die Mietpreisdeckelung und das Kündigungsverbot von Mietverträgen verschärften die Wohnungsnot durch unterbliebene Privatinvestitionen.
Vorbild Niederlande: Entschlackung des Baurechts
Die wohnungsbaupolitische Sprecherin der FDP/DVP-Fraktion im Stuttgarter Landtag Gabriele Reich-Gutjahr bestätigte diese Einschätzung. Ein weiteres Investitionshemmnis sei die Bearbeitungsdauer von Baugenehmigungen durch eine Flut von Gesetzen und Bauvorschriften. Die Niederländer haben bereits 2017 die Bauvorschriften gelockert und die Genehmigungsverfahren beschleunigt. „Wenn in den Niederlanden die Kommune nicht innerhalb von 8 Wochen auf einen Bauantrag reagiert, darf wie beantragt gebaut werden“, berichtete Reich-Gutjahr.
Die Geschäftsführerin Stephanie Fiederer von der Stuttgarter AH Aktiv-Haus GmbH sieht im seriellen Holz-Modulbau eine bemerkenswerte Alternative zum traditionellen Wohnungsbau. Erstens könnten die Genehmigungsverfahren durch eine bundesweite Typenzulassung wie bei der KFZ-Zulassung vereinfacht und beschleunigt werden. Zweitens seien die Bauherren durch die vorgefertigten Module nicht vom lokalen Handwerkermangel betroffen. Drittens sei der Baustoff Holz umwelt- und klimaschonend. Viertens könne durch die Nachverdichtung von Wohngebieten, durch die Einbindung von Wohnbau in Gewerbegebieten ohne Lärmemission und durch die Überbauung von Parkhäusern schnell und ohne Flächenverbrauch Wohnraum geschaffen werden. Zugleich spare fünftens die Modulbauweise erhebliche Baukosten. In Ludwigsburg würde sich eine Wohnbebauung im „Urban Harbor“ oder der Bau eines Parkhauses am S-Bahnhof Favoritepark mit aufgesetzten Studenten-Appartements förmlich anbieten. Wenn Menschen vermehrt dort wohnen, wo sie arbeiten oder studieren, führe dies im Nebeneffekt außerdem zu einer willkommenen Verkehrsentlastung.
„Durch neues Denken und Handeln“, resümierte der FDP-Ortsvorsitzende Wolfgang Vogt, „könnte in Ludwigsburg unbürokratisch und zu bezahlbareren Preisen mehr Wohnraum geschaffen werden. Sobald der Preisdruck im Markt abnimmt werden auch die Mieten wieder bezahlbar.“ Sein Fazit: „Es wird erst genug Wohnraum geben, wenn wir ihn bauen“.
* Quelle: Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung (GMA) „Neuer Wohnraum in Baden-Württemberg“, Dezember 2018, im Auftrag der Arbeitsgemeinschaft Baden-Württembergischer Bausparkassen